Der 1982 geborene Autor Michael Fehr ist ein begnadeter Erzähler – die klassische Lesung aber nicht seine Erzählmöglichkeit. Er selber bezeichnet sich als Schriftsteller, der nicht schreibt, denn seine Sehkraft ist stark beeinträchtigt. Fehr diktiert seine Texte, entwickelt sie zu Geschichten und Gedichten. Beim Sprechen und Hören entsteht eine unmittelbare Dramaturgie in der Erzählung. Reduziert, spannungsgeladen, Stille, Lärm und Rhythmus der Sprache – Michael Fehrs Erzählungen sind präzis aufgebaut. Er experimentiert mit Sprache und musikalischem Ausdruck bis zur Höchstform, perfektioniert, bis es für ihn stimmt. Er trägt frei vor, auch an diesem Novembermorgen.
Michael Fehr nahm die Schülerinnen und Schüler durch seinen Werdegang und seine enorme Bühnenpräsenz in Bann. Seine reduzierte Erzählkunst kombiniert mit musikalischer Kreativität öffnet Horizonte. Fehrs Texte leben von Gegensätzen, von Spannung, Verwandlung und genauem Hinhören. Sie sind Anregung zum Nachdenken – auch darüber, wie Michael Fehr bewusst und geradlinig seinen Weg geht.
Thomas Meyer ist ein unkonventioneller Autor, das lassen schon seine bisher veröffentlichten Werke erahnen. Der Beziehungsratgeber «Trennt euch», seine Kolumnensammlung «Meyer rät» oder sein erster Roman «Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse» – geschrieben im Mix von Deutsch und Jiddisch – spiegeln sein Motto wieder: «Ich schreibe, was mir Spass macht». So plädierte er auch an die Schülerinnen und Schüler, dass sie nicht den sicheren Weg gehen sollen, sondern: «Tun Sie, was Sie glücklich macht!». Mit der Verfilmung von «Wolkenbruch» katapultierte es Thomas Meyer an die breite Öffentlichkeit. So erklärte er seinem Publikum, dass das Jiddisch wie auch das Schweizerdeutsch ein mittelhochdeutscher Dialekt sei. Je nach Betonung und Aussprache kann eine Bedeutung leicht ändern. Meyer vermag zu inspirieren und man darf auf sein neustes Werk, «Wolkenbuchs waghalsiges Stelldichein mit der Spionin», gespannt sein.
Usama Al Shahmani, geboren 1971 in Bagdad, kam 2002 als Flüchtling in die Schweiz – ohne Deutschkenntnisse. Im Irak hatte er arabische Sprache sowie moderne arabische Literatur studiert und bereits einige Bücher publiziert. Heute ist er mit «Seele und Sprache» in der Schweiz angekommen, wie er sagt, und schreibt seine Bücher in Deutsch. «Wenn man die Sprache kann, hat man die Fremde überwunden», meint er dazu. Zudem arbeitet er als Übersetzer von deutscher Literatur ins Arabische bei namhaften Verlagen. Er lebt mit seiner Familie in der Ostschweiz. Mit seinem Roman «In der Fremde sprechen die Bäume arabisch» und seiner Erzählung «Die Fremde – ein seltsamer Lehrmeister: eine Begegnung zwischen Bagdad, Frauenfeld und Berlin» war das Thema Migration gesetzt. Al Shahmani ist ein Vermittler – er spricht Hochdeutsch und schreibt in Hochdeutsch. Jedoch nicht primär die Literatur stand an diesem Morgen bei den Schülerinnen und Schülern im Vordergrund, sondern sein Schicksal und die Politik in der kriegsversehrten Weltregion, ein Krieg, der so viele Menschen zur Flucht zwang. Viele Fragen musste Al Shahmani beantworten. Auch sein persönliches Schicksal war aufwühlend und sehr berührend. Warmherzig und authentisch vermittelte der Autor, der in der Schweiz eine wichtige deutschsprachige Stimme geworden ist – und er las aus seinem Roman treffende Passagen vor.
Ein leichtfüssiges und inspirierendes Schaffen präsentierte Ralf Schlatter, der nicht nur Autor, sondern auch eine Hälfte des preisgekrönten Kabarett-Duos «schön&gut» ist. Auch die Bühne ist sein Zuhause, man spürte Schlatters Freude und unglaubliche Bühnenpräsenz. Er fesselte mit seinen eigensinnigen Kurzgeschichten und seiner Erklärung, wie viel Zeit und Bemühungen es braucht, um aus einer Kurzgeschichte ein Mundartlied entstehen zu lassen. Dass Ideen wortwörtlich auf der Strasse liegen, vermittelt sein Buch «Verzettelt». Über Jahre hinweg sammelte er Zettel. Zu den aufgehobenen Notizzetteln kreierte er Kurzgeschichten, hauchte so dem Vergangenen neues Leben ein. Daraus entstand ein humorvoller Band mit Skurrilem, Verdrehtem, Vorher-Nachher-Leben. Ralf Schlatter gab Einblick in seine Zettelgeschichten und war ein Inspirator und Unterhalter der Sonderklasse, den die Schülerinnen und Schüler einfach genossen!